Demo in Köln 9-11-25
Redetext von Peter Schwarz in Köln
Liebe Freundinnen und Freunde Europas,
ich freue mich sehr, dass ich hier heute zu Euch sprechen darf um meine persönliche, aktuelle Sicht auf die Europäische Gemeinschaft mit Euch zu teilen. Ich bin mit Freunden des POE Teams aus Neuwied hier zu Gast bei Euch in Köln. Uns verbindet der Rhein, der europäische Fluss, der uns auch mit unseren Nachbarländern verbindet, mit denen wir Teil der Europäischen Gemeinschaft sind, der wichtigsten politischen Errungenschaft nach dem 2. Weltkrieg. Hier hat natürliche Migration über Jahrtausende eine Vielfalt entwickelt, die das Leben in der Region und weit darüber hinaus durch Handel und Wandel, Kunst und Kultur bis heute bereichert hat. Toleranz und Offenheit hat das Rheinland und weit darüber hinaus bis heute geprägt. Das ist unser großartiges europäisches Erbe!
Pathologischer Nationalismus, Faschismus hat Europa zweimal an den Abgrund geführt. Aus Vielfalt wurde Einfalt und man kann den Nachkriegspionieren der Europäischen Einigung, allen voran Robert Schuman, Konrad Adenauer, Jean Monnet nicht genug für ihre Weitsicht danken. Der Wertekanon unserer offenen, demokratischen und liberalen Union ist heute der Gegenentwurf zum Erstarken autokratischer Systeme weltweit.
Die Europäische Gemeinschaft ist trotz Höhen und Tiefen in 70 Jahren gereift und ist gerade jetzt wichtiger denn je. Gäbe es sie nicht, müsste man sie erfinden. Ich habe deshalb in erster Linie Vertrauen in unsere Gemeinschaft….
und ich bin sicher: Jetzt schlägt die Stunde Europas!
Rechtsextremismus im Inneren, Islamismus, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die hybride Gefahr gegenüber uns allen und nun noch Trumps konsequenter Weg in den Faschismus, bedrohen unsere Sicherheit. Zu lange haben wir uns gegen eine Wirklichkeit verschlossen, die feindselig geworden ist. Die Lagebeschreibung ist ernüchternd. Was nun?
Es ist in gewisser Weise eine Ironie der Geschichte, dass Europa, oft beschimpft, belächelt, unterbewertet, ausgenutzt, dass die Europäische Union das letzte Leuchtfeuer der Demokratie in der Welt in Händen hält.
Unsere Chance gegen die Übermacht aus den USA, Russland und China ist nur das gemeinsame Auftreten in allen außenpolitischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Kein einziges europäisches Land wird sich alleine wehren können. Wer sich anbiedert wird einverleibt. Die Antwort muss „Europe united“ heißen. Europa ist dann stark, wenn alle Mitgliedsländer zusammenhalten. Unser aller Existenz, unsere Art zu leben hängt von diesem europäischen Schulterschluss ab. Er m u ß kommen – und er muss jetzt kommen.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat in den Diskussionsrunden am Wahlabend der Bundestagswahl mehrfach betont, dass dieser europäische Schulterschluss für ihn höchste Priorität hat.
Merz muss seinen Einfluss als deutscher Bundeskanzler selbstbewusst in die Waagschale werfen und eine Führungsrolle in Europa übernehmen. Die „Koalition der Willigen“ wird dazu ein wichtiger Schritt sein, um dringliche sicherheitspolitische, wirtschafts- und finanzpolitische Entscheidungen als Mehrheitsentscheidungen zu treffen. Das Einstimmigkeitsprinzip jedoch gehört endlich auf den Müllhaufen der europäischen Geschichte. Ein Veto von notorisch Unwilligen, Verblendeten und Rückwärtsdenkenden in der EU darf keine Ausrede mehr sein. Dafür darf Friedrich Merz gerne auch mal seine Muskeln spielen lassen. Deutschland ist nach wie vor der größte Nettozahler der EU. Wer bezahlt, der bestellt auch.
Wir alle wissen was Europa zu bieten hat - wenn es zusammenhält. 500 Millionen Menschen, den größten Binnenmarkt der Welt, innovative Wissenschaft und Wirtschaft, reiche Kultur und Werte. Die Antwort muss deshalb mehr Europa mit offenen Grenzen und nicht weniger Europa sein. Und die Sterne auf blauem Banner symbolisieren unser klares Ziel: die Vereinigten Staaten von Europa!
Die größte innenpolitische Gefahr besteht zweifelsohne durch den erstarkten Rechtsextremismus mit seinen demokratiefeindlichen, europafeindlichen Zielen. Destruktive Auswirkungen sehen wir in Ungarn, der Slowakei, Tschechien. Auch Italien und Frankreich sind vor autokratischen Rückfällen nicht gefeit. In ganz Europa stellt sich die Frage, wie mit der rechtsextremen Gefahr umzugehen ist. Auch hier bei uns in Deutschland reiben wir uns die Augen, wenn wir uns die Prognosen für die AfD anschauen.
Welche Gründe haben Wählerinnen und Wähler für rechtsextreme Parteien zu stimmen, die von der Eskalierung erfundener Fehlentwicklungen profitieren, hetzen aber zu keiner Lösung in der Lage sind, unter denen ihre Wähler selbst am meisten leiden würden ?
Für viele ist es die Überforderung mit der Komplexität gesellschaftlicher, politischer, vor allem wirtschaftlicher Herausforderungen und Veränderungen.
Es ist eine persönlich erlebte oder aber gefühlte soziale Ungerechtigkeit.
Es ist eine oft irrationale Angst vor dem eigenen sozialen Abstieg, die zu Schuldzuweisungen führt. Wenn es vor 20 Jahren noch die Sozialhilfeempfänger waren, sind es heute die Migranten.
Es ist eine neoliberale Wirtschaftspolitik, die die positive Tradition der sozialen Marktwirtschaft überlagert hat und weiter überlagert. Folge ist, dass die Kluft zwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden immer größer wurde und wird. Die weltweiten Probleme der Globalisierung rühren jedoch nicht aus der Kollision verschiedener Kulturen - wie der Rechtspopulismus behauptet. Viel gefährlicher ist es, wenn extremer Reichtum und politische Macht sich verbinden. Siehe die Entwicklungen in den USA, in Russland und den Staatskapitalismus in China.
Ein großes Problem ist auch der gesunkene Bildungsstandard. Obwohl Bildung unser wichtigstes Erfolgsprinzip ist, wurde in den in den letzten Jahrzehnten viel zu wenig investiert. Warum lassen wir es zu, dass auf Kosten der Zukunft unserer Kinder und Enkel gespart wird, der Schutz extrem hoher Vermögen aber vor einer gerechten Besteuerung geschützt wird wie eine heilige Kuh?
Junge Menschen stehen am Beginn ihres Lebensweges und suchen nach Orientierung und Vorbildern. Immer häufiger sind Familien und Schulen überfordert. Wenn sich gerade junge Menschen vom Staat nicht gesehen oder benachteiligt fühlen, wählen sie extrem, wie man bei der Bundestagswahl gesehen hat.
Gleiches gilt auch für die Sorgen und Ängste hinsichtlich der erschütternden Folgen des Klimawandels. Mittlerweile gewinnt man den Eindruck, dass das Thema kaum noch stattfindet. Es drohen Rückschritte in eine überkommene fossile Mentalität.
Soziale Medien stellen eine Gefahr durch die Flut manipulativer, falscher Nachrichten der rechten Szene dar. Was lassen wir uns da eigentlich gefallen? Wenn Provider wie Tic Toc, X und andere kriminelle Medien, die in Europa steuerfrei agieren können, nicht in der Lage oder besser nicht willens sind, Manipulationen und die Verbreitung von Hass und Hetze zu verhindern, sollte man sie in der Europäischen Union in trump´ schem Dimensionen besteuern oder aber komplett verbieten. Wir sollten uns vor den Machtspielchen und Erpressungen jenseits des großen Teichs nicht in die Knie zwingen lassen. Die Entwicklung europäischer digitaler Kommunikationsplattformen ist das Gebot der Stunde. Denkt, arbeitet, kauft und lebt europäisch!
Die Politik muss alle diese Stimmungen, Ängste und Entwicklungen annehmen, ernstnehmen und konsequent gegensteuern. Nur eine Politik, die den Menschen hilft zu ihrem Recht zu kommen, kann ein Klima gesellschaftlicher Verträglichkeit, Gerechtigkeit und Solidarität schaffen. Ein Klima, das keine Extreme braucht.
Was die sogenannte Alternative für Deutschland betrifft, gibt uns das Grundgesetz in Art. 21, anders als in den Verfassungen der anderen Mitgliedsländer, das Recht staatsfeindliche Ziele, Vereinigungen und Parteien zu verbieten. Die Mütter und Väter des GG haben nach der Nazidiktatur klug vorgedacht und auch hier stellt man sich die Frage, was wir uns als Staat von einer gesichert rechtsextremen Partei bieten lassen? Es ist meines Erachtens höchste Zeit, das Verbot der gesichert rechtsextremen AfD endlich anzustreben. Das Verbot einer Partei, die auch vor Landesverrat, Spionage und Selbstbereicherung nicht haltmacht. Das Verbot hätte eine selbstbewusste Signalwirkung in die gesamte EU, ja in die gesamte Welt.
Die Europäische Union, Europa braucht jetzt die Solidarität und das Engagement von uns allen, um die Gemeinschaft gegen ihre Feinde zu schützen, gegen die Feinde des Friedens, gegen die Feinde unserer Demokratie, unserer freiheitlichen Grundordnung und unserer europäischen Werte. Mit den europäischen Werten, mit ihrer Wirtschaftskraft besitzt die Europäische Gemeinschaft ein Alleinstellungsmerkmal in der Welt und ist genau deshalb so attraktiv.
Wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte liebe Freundinnen, liebe Freunde und ich bin sicher, dass sich das Blatt wenden wird. Klardenkenden Menschen erkennen das, wie uns auch der jüngste Wahlerfolg von Rob Jetten in den Niederlanden zeigt.
Lassen wir uns nicht beirren. Europa wird erfolgreich sein und wir dürfen als Pulse of Europe nicht nachlassen, dass in der Öffentlichkeit immer wieder deutlich zu machen. Ob uns Tausende zuhören oder 20 ist nicht entscheidend. Unsere Zuverlässigkeit mit der wir für Europa einstehen wird überzeugen.
Zum Schluss möchte ich für uns alle noch ein Zitat wiedergeben:
Das gibt uns kein geringerer als Marc Aurel, Kaiser und Philosoph, in einem 2000 Jahre alten Zitat mit auf den Weg. Auf welchen großartigen kulturellen Reichtum wir als Europäerinnen und Europäer doch zurückgreifen dürfen.
Ich hoffe, dass ich Euch nicht zu lange strapaziert habe. Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und Euer Engagement. Vive l´Europe !
